LP Review: Miira (Nürnberg) - SPORT (2018)

Miira sind ein junges Duo aus dem mittelfränkischen Nürnberg und laut ihrer Präsenz auf Bandcamp spielen sie Post-Rock. Letzteres will ich nicht anfechten, auch wenn meine eigene Titulierung des Musikstils von Miira eher Begriffe wie Noise, Experimental oder auch... naja, im Endeffekt ist Post-Rock kein schlechter Begriff.
Miira bestehen aus einem Schlagzeuger, der nebenher auch auf Keys spielt; und einem Gitarristen, der zeitweise mehr Effekte als Saiten bedient, sein Instrument zwischendurch mit einem Bogen spielt und manchmal dazu singt. Die Art und Weise wie das Duo auf der Bühne zusammenwirkt, erscheint sehr eingespielt. Ich musste auch feststellen, dass ich bei der Release-Show des bereits dritten Tonträgers war und mir die Veröffentlichungen "The Fusée Sessions" und "Detroit II" von Miira komplett unbekannt waren.

Nun aber zum neuen Album "SPORT":
Zuallererst: Supergeil! Wie absolut minimalistisch kann man eine Schallplatte gestalten? Der komplett schwarze Karton zeigt durch Vertiefungen im Papier auf der einen Seite den Namen der Band und des Albums und auf der Rückseite die Namen der vier Tracks. Im Innenleben geht es genauso weiter. In einem schwarzen Inlay liegt eine komplett schwarze Schallplatte, auf deren Innenseite nur minimal "Miira", "001", und die jeweilige Seite der LP eingeritzt sind.
Die erste Seite von "SPORT" ist komplett instrumental. Sie wird von einem treibenden und nie eintönigen Schlagzeug vorangetrieben. Dazu bilden Gitarre, beziehungsweise deren Loops, und Synthie eine manchmal beruhigende und dann auch wieder verstörende Landschaft aus Ton und Krach. Miira schaffen es, mit den Liedern "Passee" und "Form" auf der A-Seite harmonische Melodien einzuspielen, diese bis zur Endgültigkeit zu loopen und dann in sich selbst wieder aufzulösen. Dazu kommen die unerfassbar vielen Soundeffekte auf Synthie und Gitarre, die durch Zerrung, Dehnung, Echo, oder den leicht quietschenden Einsatz des Bogens Miira ausmachen.
Die Zwischenpassagen mit den sich wiederholenden Gitarrenmelodien haben mich manchmal an die Band Tesa erinnert. Das ändert sich aber spätestens auf der B-Seite, wenn zum ersten Mal Gesang eingesetzt wird. Bösartig, kraftvoll und gleichzeitig verletzlich und anklagend setzt die Stimme über dem Teppich aus geloopten Gitarren, Schlagzeug und Keys ein.
Achtet man auf die Lyrics, wird umso mehr bewusst, welch gewaltiges Spektrum an Klang und Ton Miira mit nur zwei Personen abzudecken in der Lage sind. Aus erster Hand kann ich bestätigen, dass das im Konzert genauso war.
Auf beiden Seiten der Platte schaffen es Miira, Momente zu erzeugen, an denen nicht klar ist, ob nun alles vorbei ist, es als nächstes mit einem richtigen Wumms weitergeht oder doch etwas ganz anderes passiert. Dieser spannende Effekt ist meiner Erachtens auf der B-Seite stärker vertreten und besonders der Titeltrack ist ein großartiges Werk aus purer Spannung. Aber auch in dem Lied "Form" auf der ersten Seite entsteht mitten im Track eine solche Stimmung.
Das schöne an dieser Platte ist, dass sich die beiden Musiker gegenseitig immer wieder hochschaukeln, bis sie am nächsten Höhepunkt verharren, das Thema aber nie aus dem Kopf verlieren. Und dann, wenn es am unwahrscheinlichsten kommt, taucht ebendieses Thema wieder auf und verwandelt "SPORT" in ein so großartiges Hörerlebnis.
Ein gutes Beispiel hierfür ist der prägnante Abwärts-Lauf im Lied "Rand" auf der B-Seite. Die Instrumente geben sich hier immer wieder gegenseitig die Klinke in die Hand und die Grenzen zwischen Rhythmus und Melodie scheinen plötzlich nicht mehr klar definiert.
Dem Nürnberger Zweigespann Miira ist mit "SPORT" ein wunderschönes Werk gelungen, das vielleicht nicht bei jeder Party aufgelegt werden kann, aber dennoch seine Berechtigung auf dem Plattenteller hat. Mir hat "SPORT" sowohl im Konzert als auch auf Platte sehr viel Freude bereitet und ich kann empfehlen, diese Künstler weiter zu verfolgen.
Fans von düsterem Post-Rock, von Noise und Experimental Rock, aber auch Freunde von Bands wie Fall of Efrafa, Tesa oder Piano Becomes The Teeth könnten durchaus ihren Spaß an dieser Platte haben. Damit meine ich nicht, dass diese Bands ähnlich klingen wie Miira; nur um Missverständnisse zu vermeiden.

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