LP Review: Karakorum - Fables and Fairytales (2019)

Karakorum heißt in den Turk-Sprachen "schwarzer Berg" oder auch "nördlich des Berges". Geschichtsbegeisterte Leser werden in dem Namen auch die erste Hauptstadt der Mongolei wiederentdecken. Unter dem Namen Karakorum ist aber auch ein oberbayerisches Quintett unterwegs, welches sich seit vier Jahren dem progressiven Krautjazz widmet. Ebendiese Kapelle aus Mühldorf am Inn hat via Tonzonen Records gerade ihre zweite Langspielplatte "Fables and Fairytales" herausgebracht.
Der Name der neuen Scheibe von Karakorum hätte nicht besser gewählt werden können. In angenehm melodischer, jazziger und krautiger Manier erzählt die Band Geschichten, Fabeln und Märchen aus einer Welt, die zu schön und zu verrückt ist, um die unsere zu sein. Die Fabeln sind zunächst über 23 Minuten und zwei Tracks auf der A-Seite gebettet, wobei die zweite Geschichte "Smegmahood" aus fünf unterschiedlichen Teilen besteht. Die B-Seite ist dann in Form eines 23-minütigen Stückes den Märchen gewidmet.
Die krautigen Geschichtenerzähler entführen uns auf "Fables and Fairytales" in ein Universum, in dem sich sicherlich auch Lewis Carroll sehr wohl gefühlt hätte. Die Einleitung "Phrygian Youth" ist zunächst eine kraftvolle und wunderschöne Ehrerbietung an den Jazz, die Rockorgel, und an die Geschichte der psychedelischen Rockmusik mit Protagonisten wie Wishbone Ash oder auch Focus.
Der Fünfteiler "Smegmahood" erzählt danach die tragikomische Biographie einer Maus mit Laktose Intoleranz, welche sich vom Smegma ihres menschlichen Mitbewohners ernährt. Mit kleinen Nagetierfüßchen trippelt die Geschichte in wundervollster Manier des Jazz Rock über die Rillen der Platte, wobei Karakorum zusätzlich durch eine Tuba und einen Schreihals unterstützt werden. Bei diesem Track wurde ich teilweise an die Mothers of Invention erinnert, und auch ein bisschen an Martin Turner.
Ist der Rundling einmal mit seiner B-Seite nach oben gedreht, wird die Reise fortgesetzt. Karakorum nehmen ihre Zuhörenden bei der Hand und reisen mit Fuzz und Jazz im Gepäck in Richtung der aufgehenden Sonne. Auf einem dick gewobenen Klangteppich fliegt die Band über Wüsten und felsige Landschaften des Nahen Osten und Nordafrika. Dabei malen sie in ihren Geschichten Bilder von hohen Türmen mit goldenen Kuppeln, sowie von strahlend blauen Oasen, die sich hinter glühend heißen Sanddünen verstecken. Inspiriert wurde diese Traumreise von Jazz-Saxophonist Klaus Doldinger's "To Morocco". Karakorum schreiben im Sleeve von "Fables and Fairytales" auch, es sei an den Hörenden zu entscheiden, ob diese Reise sich lohne... meine Antwort ist ein eindeutiges ja.
Karakorum's neue LP "Fables and Fairytales" ist von vorne bis hinten und wieder zurück ein gelungenes Produkt. Es beginnt beim aufwendigen und detailverliebten Coverdesign von Dale Simpson, geht über die sympathische Aufmachung der Platte, bis hin zu dem fantastischen progressiven Krautjazz, bei dem jeder Ton genau da sitzt, wo er das Herz erwärmt.
Von tiefen, krachenden Tönen, über den harmonischen mehrstimmigen Gesang, über jedes geniale Stück Instrumentalkunst bis hin zu den farbenfrohen Traumreisen, die ich zu den Fabeln und Märchen von Karakorum erlebt habe, bin ich vollends begeistert von "Fables and Fairytales".

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