LP Review: ni - Pantophobie (2019) (German)

Fürchtet euch nicht! ni sind ein Quartett aus Bourg-en-Bresse in Ostfrankreich. Die vier Künstler haben seit 2010 drei Platten instrumentaler Musik herausgebracht und jetzt ist es vier Jahre nach "Les insurgés de Romilly" endlich wieder Zeit für einen neuen Tonträger. Die beiden Scheiben der neuesten Veröffentlichung "Pantophobie" erscheint in einem wunderschönen Cover Artwork, das mich sehr an die Bilder von Hieronymus Bosch erinnert. Darauf befinden sich neun Tracks, jeder einzelne davon nach einer Angst benannt. Auf etwas weniger als einer Stunde Spielzeit ergibt dies zusammen die Pantophobie - die Angst vor allem.
ni sind eine dieser Bands, deren Musik man so schwierig beschreiben kann. Ist das nun Jazz Rock, Math Rock, Experimental Instrumental Rock, und ist es überhaupt noch instrumental? Schließlich sind hier und da Stimmen und Schreie zu hören? ni spielen höchst abwechslungsreiche und anspruchsvolle Musik. Es ist eine Melange aus Stilen, Genres, Ideen, Rhythmen, Tempi und dem ein oder anderen Kniff. Taktwechsel treffen auf verzerrte Jazzthemen und erzeugen eine wunderschöne merkwürdige freakige Zusammenstellung aus intelligenter Musik für ein anspruchsvolles Ohr. Als mein Lieblingsbeispiel möchte ich es anhand des Titels "Catagelophobie" (die Angst vor Verspottung) versuchen zu beschreiben: auf dem fünften Track des Albums hüpft und stolpert der Rhythmus hektisch und mit großer Kraft voran, während Instrumentierung und Stimme etwas darstellen, wie ein nicht-enden-wollender Schluckauf klingt. Und in der zweiten Hälfte des Liedes löst sich alles auf und mit einem radikalen Break befindet man sich plötzlich in einem Downtempo Jazz Rock Stück mit starker Zerre und Beatdown Parts. Großartig! Und das ist nur eine von neun außergewöhnlichen Nummern!
"Pantophobie" kann nicht langweilen und packt von vorne bis hinten. Jedes Lied auf diesem Album ist absolut einzigartig und mit nichts anderem zu vergleichen. Bis in die Struktur der einzelnen Songs und deren Parts schaffen es ni immer wieder zu überraschen und somit zu begeistern. Jede Variation in Takt, Rhythmus, Stil, Tempo oder Lautstärke kommt absolut auf den Punkt und schafft es, den Überraschungsmoment für sich zu beanspruchen. Scharfe Breaks werden ohne jede Vorwarnung implementiert und doch klingt alles flüssig und passend im Rahmen des klaren roten Fadens, der sich durchs Album zieht. Und der rote Faden ist weit mehr als die Endung "-phobie" im Namen jedes Titels. ni erzeugen mitreißende Spannungsbögen, die in jedem Track erneut aufgebaut werden, ihre Intensität stetig steigern, bis sie wieder abflauen und zum Ende der Lieder für die Entspannung sorgen, welche auf die nächste Nummer vorbereitet.
Diese Veröffentlichung ist absolut packend und spannend. Jeder Track ist eine andere Phobie, eine ganz eigene Nummer voller Bewegung auf die nächste Auflösung hinzu. Mit jedem Song, mit jedem Pattern und jeder einzelnen Note beweisen ni ihre Fähigkeiten, Spannung zu kreieren, mit dem menschlichen Verstand zu spielen, und Emotionen sowie Kopfkino mit ihrer Musik zu aktivieren. Das ist ein Kunstwerk. Ernsthaft! Es mag Momente geben, für die "Pantophobie" nicht die richtige Platte ist, aber es gibt umso mehr Gründe, diese beiden Scheiben auf die Plattenteller zu bugsieren und gegen die Ängste anzutanzen.

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