LP Review: Pyrior - Fusion (2020)

Ein Dutzend Jahre ist es her, dass im Rahmen von Sessions die drei Berliner Toa Ster, Dan Low und Max Appeal die vier goldenen Worte "Wir gründen eine Band" gesagt haben. Der Stein, der hier ins Rollen gebracht wurde, sollte sich schon schnell zur langanhaltenden Lawine entwickeln. Bereits im Jahr darauf veröffentlichten Pyrior ihre erste EP "Pulsar", auf welche bis dato drei LPs sowie eine weitere EP folgen sollten. Am 20. März 2020 feiert das sechste Release des Hauptstadttrios "Fusion" seine Geburt. Die vierte LP von Pyrior erscheint bei dem kleinen aber großartigen Krefelder Label Tonzonen Records.
Laut Eigenbeschreibung spielen Pyrior Orbital Riff Rock - eine unikate Terminierung, die sehr gut zum Stil der drei Berliner passt. Umschreiben würde ich die Musik als schweren, intensiven und kratzigen Space Rock mit Betonung auf dem Suffix. Auffällig sind neben dem genreuntypisch eher hohen Tempo der starke Einsatz von Zerre, harten Desert Rock Riffs, sowie Heavy Metal-artigen Leads. Als Künstler, die in ähnliche Spähren gleiten, können Uluru und Sonic Trip Project genannt werden.
Die etwas unorthodoxe aber sehr angenehme Soundlandschaft auf "Fusion" fundiert auf Dan Lows kräftigen und abwechslungsreichen Schlagzeugrhythmen sowie dessen vielseitige Percussion Elemente. Die nächsthöhere Ebene bildet Toa Ster, dessen Bass mit viel Zerre das Riffing übernimmt und kratzig-kräftig nach vorne prescht. Die Gitarrenspuren von Max Appeal bewegen sich darüber mal psychedelisch-verspielt, mal metallen-hart und dann wieder rockig-rotzig. Als viertel Element wabern, flitzen, flirren und schweben die Synthesizer Sound des Drummers durch alle Etagen wie kleine Drohnen.
Etwa 37 Minuten lang dauert die atemberaubend Reise von Pyrior. Die Stationen, die dabei angesteuert werden, sind von mindestens zweierlei Natur. So werde ich zum Einen an mein Biologie Abitur erinnert, wenn auf "Fusion" die DNA-Basen 'Guanine', 'Adenin', 'Thymidine' und 'Cytosine' angespielt werden. Uracil ist nicht dabei; eine Reise in die mRNA wird auf diesem Trip wohl ausgelassen.
Außerdem betreten Pyrior den 'Hellevator', den Splicer' sowie den magma-überzogenen Ort 'Norfair'. Meinen Recherchen zufolge handelt es sich um fiktive Orte aus der Welt der gruseligen Videospiele. Da ich in diesem Universum komplett fremd bin, kann ich nur raten dass 'X' und 'Fusion' eventuell auch in diese Welt gehören.
Pyrior stellen auf "Fusion" eindrucksvoll unter Beweis, welche Dynamik und Energie von einem Trio mit vier Instrumenten geschaffen werden kann. Ich zähle Schlagzeug und Percussions jetzt mal als Einheit. Außerdem ist die abwechslungsreiche Vielseitigkeit so einvernehmend, dass die instrumentale Musik an keiner Stelle der neun Tracks durch die Abwesenheit von Text eintönig wird. Eine ähnliche Faszination habe ich zuletzt bei Astral Kompakt erlebt.
Zuständig für das sehr gelungene Artwork ist übrigens der Künstler Łukasz Puzdrowski. Die Bilder auf dem Plattencover stellen die düstere, kratzige und doch sehr abenteuerlich-schöne Reise sehr schön dar. Und genau das ist es, was Pyrior auf "Fusion" unternehmen. Die drei Künstler entführen die Hörenden von den kleinsten Bestandteilen des eigenen Lebens über finstere oder gar unheimliche Szenarien hinweg bis in die entlegensten Winkel unserer Vorstellungskraft. Es ist ein Trip, der die Extreme anspricht und Seele wie Körper mal schneller mal langsamer in wohltuende aber aufregende Schwebezustände bringt.
Falls ihr gerade im Nordosten der Bundesrepublik Deutschland seid, oder dort hin möchtet, schreibt euch schnell noch diese Termine auf:
21/03/2020 Berlin, Zukunft am Ostkreuz
27/03/2020 Rostock, JAZ e.V.

Pyrior Online:
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